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Ansprache von Erzbischof Prof. Dr. Ludwig Schick während des Requiems

Sehr geehrte Schwester, Nichten und Neffen, Verwandte des lieben verstorbenen Weihbischofs Martin Wiesend,
Fräulein Mathilde Beck,
liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst,
verehrte Mitchristen!

1.
„Wir wollen nicht traurig sein, dass wir ihn nicht mehr haben, wir wollen dankbar sein, dass wir ihn hatten.“ Dieser Ausspruch eines Kirchenvaters wird gern aufs Sterbebildchen gesetzt oder am Grab gesprochen. Er will über den Verlust eines Verstorbenen hinwegtrösten. Zugleich lenkt dieser Satz den Blick auf das, was das Leben dessen, den wir nun nicht mehr haben, ausgemacht und ausgezeichnet hat. Er will uns dankbar machen für das, was dieser Verstorbene für uns war und tat.

Wir haben Weihbischof Martin Wiesend lange haben dürfen. Er verstarb im 93. Lebensjahr. Wir sind traurig, weil wir einen so liebenswürdigen Menschen, Priester und Bischof verlieren.

  • Traurig sind seine Verwandten, Sie, seine Schwester, seine Nichten und Neffen und Ihre Kinder sowie die ganze Verwandtschaft aus der Oberpfalz! Er hatte Sie sehr ins Herz geschlossen. Jedes Mal, wenn ich bei ihm zu Besuch war, erzählte er mir von Ihnen. Er war stolz, dass er so tüchtige Nichten und Neffen hatte. Es hat ihm in seinem Alter auch sehr sehr gut getan, dass Sie sich so treu um ihn kümmerten. Vergelt’s Gott dafür! Vom Himmel aus bleibt er Ihnen sicher nah und sorgt sich auch weiter um Sie, indem er Ihnen den Segen Gottes sendet.
  • Traurig ist auch Fräulein Mathilde Beck, seine Haushälterin. Sie durfte ihn in den letzten Jahren versorgen und betreuen. Dieser Dienst hat Sie ausgefüllt und ihm hat es sehr gut getan. Für alle treue, aufopferungsvolle Fürsorge Vergelt’s Gott. In diesen Dank schließe ich die Malteser, die Pflegekräfte und alle ein, die ihm in den letzten Jahren Gutes erwiesen haben.
  • Traurig sind viele ehemalige Ottonianer, mit denen er als Präfekt sechs Jahre im Erzbischöflichen Seminar in Bamberg verbunden war. Er war stolz auf sie. Oft erzählte er von seinen ehemaligen Schülern, ob sie nun Priester geworden waren, Lehrer oder in einem anderen Beruf tätig. Er freute sich, wenn er einem seiner ehemaligen Zöglingen begegnete.
  • Traurig sind viele Gläubige in Nürnberg. In schwierigsten Zeiten war Weihbischof Martin in der Pfarrei St. Theresia Pfarrer. Er hat die Endphase des Krieges und die Nachkriegszeit dort erlebt. Berühmt sind seine Kartoffelpredigten. Im Nürnberger Umland bis zur Oberpfalz erbettelte er in dieser Zeit Kartoffeln, um den Hungernden und Notleidenden in der zerbombten Stadt Nürnberg das Lebensnotwendigste zu besorgen. Viele von denen, mit denen er damals eine gute, solidarische Gemeinschaft gepflegt hat, werden ihn im Himmel jetzt empfangen.
  • Traurig ist unser ganzes Erzbistum, vor allem so viele Priester, denen er ein brüderlicher-väterlicher Freund war. Ebenso denken die vielen, die er gefirmt hat, mit denen er Jubiläen und Feste gefeiert, gelacht und geweint, gehofft und gebangt hat, dankbar an ihn.
  • Traurig sind auch wir Bischöfe – besonders meine Vorgänger die Erzbischöfe Elmar Maria und Karl sowie Weihbischof Werner. In der Bischofskonferenz war er Mitglied in den Kommissionen „Für Mission und Entwicklung“ und „Für die kirchlichen Dienste“. Viele Bischöfe haben uns Kondolenzschreiben geschickt und jetzt bei der Frühjahrskonferenz Gutes von ihm erzählt. Auch der Heilige Vater hat durch seinen Staatssekretär uns kondoliert.
  • Ganz persönlich bin ich auch traurig, dass ich ihn nicht mehr in der Nachbarschaft besuchen kann. Von allen Begegnungen, die ich mit ihm in den letzten Monaten haben durfte, bin ich immer sehr bereichert, aufgebaut und getröstet von ihm gegangen. Er hat mir Mut zugesprochen für meinen bischöflichen Dienst und viel für mich gebetet. Vergelt’s Gott dafür.

Liebe Schwestern und Brüder! Wir sind traurig, dass wir ihn nicht mehr bei uns haben. Uns fehlt seine Liebenswürdigkeit, sein Humor, sein aufmunterndes Wort und sein gutes Beispiel. Wir sind sehr dankbar, dass wir ihn hatten. Mit seinen vielfältigen Begabungen, seinem schlichten, demütigen, kommunikativen Wesen war er ein engagierter Priester und Seelsorger, ein guter Bischof und bereitwilliger Helfer.

2.
Was hat das Leben und Wirken von Weihbischof Wiesend so sympathisch und so fruchtbar für die Kirche gemacht? „In verbo tuo – auf Dein Wort hin“. Diese Antwort des Petrus an Christus, der ihn nach erfolglosem Fischfang aufforderte, noch einmal auf den See hinauszufahren und die Netze auszuwerfen, hat Martin Wiesend bei seiner Bischofsweihe zu seinem Wahlspruch erwählt. In diesem Schriftwort „auf Dein Wort hin“ scheint mir das Geheimnis seines Lebens und Wirkens zu liegen. Alle, die Weihbischof Wiesend kannten, wissen, dass er kein Mensch der Theorie, der Programme, der Theologien und Entwürfe war. Er tat, was der Tag verlangte, was die konkreten Menschen jetzt nötig hatten und was er als seinen Auftrag in der jeweiligen Situation verspürte. Das tat er mit großer Selbstverständlichkeit, Klarheit und tiefem Gottvertrauen. Weihbischof Wiesend zeichnete sich durch großen Realismus aus. Er kannte auch die menschliche Schwäche, auch in der Kirche. Das hinderte ihn nicht, trotzdem immer neu zu beginnen und mit den Menschen gütig zu sein. Ein schlechtes oder böses Wort über einen anderen hat man nicht von ihm gehört.

In verbo tuo – auf Dein Wort hin, sein bischöflicher Wahlspruch hat ihn und sein Leben geprägt. Sein Leben und Handeln auf das Wort des Herrn hin, das durch den jeweiligen Menschen und durch die innere Stimme seines Gewissens an ihn erging, machte ihn so sympathisch, erfolgreich und beispielhaft.

3.
„Jedes Menschenleben enthält eine Botschaft Gottes an uns“, so sagt ein indischer Weisheitsspruch. Welche Botschaft richtet das Leben von Weihbischof Wiesend an uns? Mir scheint, es will auch uns lehren, aus „auf Dein Wort hin“ zu leben. Wir alle, liebe Mitchristen, ob Bischöfe, Priester, Diakone, hauptamtliche Laien im Dienst der Kirche, Ehramtliche, Christen allgemein, wir dürfen und müssen mehr darauf vertrauen, dass Jesus Christus auch heute und jetzt uns anspricht. Im Wort der Heiligen Schrift spricht er zu uns. Wir begehen zur Zeit das „Jahr der Bibel“. Der Herr spricht auch zu uns vor allem in den Menschen, die uns begegnen und er spricht in jedem von uns. Er fordert uns zum Wirken auf und gibt uns Vertrauen. Wie Weihbischof Wiesend muss uns der jeweilige, konkrete Mensch, seine Situation, sein Freud und Leid ganz wichtig sein. All das ist in dem Motto „auf Dein Wort hin“ enthalten. Es bedeutet Auftrag und Vertrauen zugleich. Sind wir nicht deshalb oft so pessimistisch oder hektisch, so intolerant, auch so unwahrhaftig, kalkulierend und taktierend, weil wir aus uns heraus handeln und nicht „auf Dein Wort hin“? Auch uns spricht Christus aus den Mitmenschen heraus an und er spricht durch den Geist in uns zu uns. „Auf Dein Wort hin“, das hat Weihbischof Martin Wiesend geprägt. Das ist das Vorbildliche und Beispielhafte an ihm für uns. Und das hat ihn als Mensch, Priester und Bischof so sympathisch und fruchtbar gemacht. Daran können wir uns aufrichten. Das kann uns Weihbischof Wiesend mit auf unsere Wege geben. „Leben und Wirken“ aus In verbo tuo – „auf Dein Wort hin“.

4.
Als Lesung habe ich den Text aus dem Kolosserbrief für dieses Requiem gewählt, in dem der Apostel bekennt, dass er mit seinem Leiden die Leiden Christi für die Kirche ergänzen will. Weihbischof Wiesend hat in einem langen aktiven Priester- und Bischofsleben dem Evangelium gedient, wie es am Anfang der Lesung hieß. Er hat das Wort Gottes in seiner ganzen Fülle verkündet. In den letzten Jahren hat Weihbischof Martin Wiesend viel leiden müssen. Dabei war er im Geiste hell wach und er deutete sein Leiden. Wie mir, so hat er vielen, die mit ihm vertraut waren gesagt, dass jetzt sein Apostolat darin besteht, zu beten und zu leiden für die Kirche.

Liebe Schwestern und Brüder! Auch darin ist uns Weihbischof Wiesend ein großes Vorbild. Er hat nach einem langen, sehr aktiven Priester- und Bischofsleben, im Alter viele körperliche Leiden ertragen müssen. Er hat nicht gejammert, er war nicht verbittert. Heiter, geduldig und bewusst hat er für die Kirche gelitten und gebetet. Auch darin kann er uns ein Vorbild sein. Auch darin hat Gott uns in ihm eine Botschaft gesandt. Versuchen wir, ihm nachzueifern und ihm dafür zu danken. Er hat gewiss auch darin viel Gutes für uns gewirkt. Er hat sich nicht von der Hoffnung abbringen lassen, die das Evangelium schenkt. Er hat an ihr festgehalten bis zum Ende und in seinem Leiden sich mit dem Leiden Christi verbunden.

5.
Wir nehmen heute Abschied von einem liebenswürdigen Menschen und Mitbruder. Wir sind traurig, weil wir ihn verlieren, aber noch mehr dankbar, dass wir ihn hatten. Gläubig vertrauen wir darauf, dass er den Lohn von seinem guten Gott und Herrn Jesus Christus empfängt. „Geh ein in die Freuden deines Herrn. Du warst ein guter und getreuer Knecht.“ Diese Einladung des Herrn zum Himmel erbitten wir für Weihbischof Wiesend in der gläubigen Zuversicht, dass sie ihm zuteil wird. In verbo tuo – auf Dein Wort hin, so hat er gelebt. Wenn wir ihm über seinen Tod hinaus Ehre erweisen wollen, dann machen wir ihm sicher am meisten Freude, wenn wir auch „auf Dein Wort, auf Christi Wort hin“ leben und wirken. Das bedeutet, dass auch wir tun, was der Tag von uns verlangt, was den Menschen not und gut tut und was wir in unserem Gewissen vom Herrn aufgetragen bekommen. Es wird immer das sein, was den jeweiligen Menschen hilft zu leben. Und wenn für uns die Stunde des Leides kommt, lassen Sie uns auch dann wie Weihbischof Wiesend im Leiden und Gebet ergänzen, was an den Leiden Christi für die Kirche noch fehlt. So tun wir einen wichtigen Dienst für die Menschen und für die Kirche. Lieber Weihbischof Martin ruhe in Gottes Barmherzigkeit. Uns bleibe nahe und begleite uns weiterhin mit deinem Segen vom Himmel aus.

Amen.