Liebe Mitchristen im Erzbistum Bamberg!
Weihnachten steht vor der Tür! Heute, am 4. Adventssonntag, möchte ich Ihnen einen Gruß senden. Ich habe Ihren Priestern und Diakonen, den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Religionslehrerinnen und Religionslehrern einen Brief geschrieben, in dem ich diesen für ihre Dienste in unserer Kirche, vor allem für die Mehrarbeit im vergangenen Jubiläumsjahr danke.
Ich möchte auch Ihnen allen meine Wertschätzung und ein großes Vergelt´s Gott für Ihre vielen Beiträge zum Gelingen des vergangenen Jahres ausdrücken. Wir haben im Jubiläumsjahr unser Erzbistum als eine lebendige Kirche erlebt, die Freude über den Glauben an den guten Gott ausstrahlt, die Jesus Christus dankbar feiert und den hilfsbedürftigen Menschen in Solidarität und Liebe dient. „Glauben stärken, Gemeinschaft leben und für die Menschen da sein“, soll unser Leitmotiv auch in der Zukunft sein.
Nach dem Jubiläumsjahr soll das kommende Jahr ruhiger begangen werden. Kirche soll Orientierung, Geborgenheit, Hoffnung und Zuversicht schenken. Der Sternenmantel ist Zeichen und Auftrag dafür. Unser Erzbistum soll auch in Zukunft „Kirche unterm Sternenmantel“ sein. Dabei können alle mitwirken. Es kommt auf jeden an!
Unmittelbar vor dem Weihnachtsfest stellt die Liturgie des 4. Adventssonntags Maria und Josef in den Mittelpunkt. Sie sind die Urbilder der Kirche. Maria sagt „Ja“ zum Willen Gottes. Sie dient Gott und den Menschen, indem sie Mutter des Erlösers wird. Das geschieht in großer Ruhe und Freude.
Josef überwindet seine Skepsis und Furcht. „Fürchte dich nicht Josef, Maria zur Frau zu nehmen“, heißt es im Evangelium. Auch er sagt „Ja“ zu dem, was Gott ihm aufträgt. Das bedeutet für ihn: Jesus, dem Erlöser der Welt, Beschützer und Wegbereiter zu werden. Kirche soll, wie Maria, gelassen, froh, vertrauend und betend Jesus Christus lieben und IHN den Menschen ‚bringen’. Kirche soll wie Josef immer wieder Skepsis, Furcht und Resignation überwinden. „Fürchte Dich nicht“, gilt auch unserem Erzbistum heute, weil Gott mit uns ist. Jesus Christus ist in unserer Mitte. Wir dürfen IHN, den Erlöser der Welt, den Menschen künden. Das ist unser Auftrag, unser Sinn und unsere Freude als Christ, als Pfarrei und Seelsorgebereich, als Orden und Caritas, als kirchlicher Verein und Gemeinschaft.
Liebe Schwestern und Brüder im ganzen Erzbistum,
ich wünsche Ihnen ein frohmachendes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr 2008.
Dazu segne Sie der allmächtige Gott, + der Vater, + der Sohn und + der Heilige Geist.
Ihr Erzbischof
Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
23.12.07: Hirtenwort zum 4. Adventssonntag 2007 (pdf, 10 KB)
Liebe Schwestern und Brüder!
Am Mittwoch haben wir die Fastenzeit begonnen. Wie in den vergangenen Jahren möchte ich Ihnen auch heute wieder einen Aspekt der österlichen Bußzeit besonders ans Herz legen. Ich lade Sie ein, über das Thema „Versöhnung und Friede“ nachzudenken.
Versöhnung und Friede sind Gaben Gottes, die Jesus allen Menschen schenken will. „Er kam und verkündete den Frieden“ (Eph 2,17), heißt es im Epheserbrief. Die Christen sollen Menschen des Friedens sein. „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh 14,27), verspricht Jesus.
Diesen Frieden zu allen Menschen zu bringen, ist eine vorrangige Aufgabe der Christen und der Kirche; Jesus sendet die Jünger und trägt ihnen auf: „Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als erstes ‚Friede diesem Haus’“ (Lk 10,5). Die Bergpredigt bekundet: „Selig die Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden“ (Mt 5,9). Der Gruß und Wunsch „Der Friede sei mit Euch“ ist ein Wesensbestandteil des Dienstes der Kirche in der Welt.
Es ist derzeit sehr wichtig, sich über Versöhnung und Friede Gedanken zu machen. Wir sind in Gefahr, das Klima des Friedens und die Atmosphäre der Versöhnung zu verlieren. Wir leben in einer Zeit, in der Gewalttätigkeiten, Bürgerkriege und Terrorismus sich erschreckend ausbreiten. Im Irak, in Afghanistan, in Israel, im Sudan, in Indonesien und vielen anderen Staaten sterben täglich viele Menschen durch Bomben, Raketen und andere Waffen. Krieg und Terror zerstören Felder und Wald und vergeuden sinnlos wichtige Rohstoffe. Sie sind Hauptursache für Hunger und Krankheiten und hemmen erheblich den Fortschritt in den Entwicklungsländern. Auch die zunehmende Zahl der Kindersoldaten ist eine Folge des wachsenden Unfriedens.
Aber auch in Deutschland nimmt die Gewalt in den Familien, am Arbeitsplatz, im öffentlichen und privaten Leben zu. Täglich berichten die Medien von Gewaltakten, besonders gegen Frauen, wehrlose Kinder und alte Menschen. In den Schulen, auf den Straßen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln erpressen, quälen und töten sogar Jugendliche ihre Altersgenossen und Erwachsene. Die Gewalttätigkeiten in den Fußballstadien, die uns derzeit sehr beschäftigen, machen die Gewaltbereitschaft deutlich. Wir erleben, dass Versöhnung und Friede in unserer Welt immer mehr abnehmen – Versöhnung und Friede, die die Basis für jede Entwicklung und gute Zukunft sind – sie dürfen uns nicht abhanden kommen! Wir können und müssen sie zurückgewinnen.
Versöhnung und Friede fallen nicht vom Himmel. Sie müssen gelernt werden. Die Christinnen und Christen sollen Lehrmeister der Versöhnung und des Friedens sein. Dabei müssen sie bei sich in den Pfarreien, Diözesen und der Weltkirche anfangen. Sie sollen Orte und Lernorte von Versöhnung und Friede sein. Der Auftrag für den Frieden zu wirken, fordert auch zur Ökumene auf. Die versöhnte Christenheit ist fähig zum Dienst am Frieden in der Welt. Die gespaltene Kirche verdunkelt das Zeugnis für die Versöhnung und den Frieden.
Wir Christen, aber auch alle Menschen guten Willens, lernen Versöhnung und Friede vor allem an Jesus Christus. Sein Leben und sein Evangelium, besonders die Bergpredigt, sind „Lehrstücke“ dafür. Jesus selbst lädt uns ein, von ihm zu lernen, wenn er sagt: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig“ (Mt 11,29). Schauen wir auf IHN und lernen wir von IHM!
„Der Mensch – Herz des Friedens“, so lautete das Motto des Weltfriedenstages am 1. Januar 2007. Wir können zwar nicht alle Kriege, Terrorakte, Gewalttaten und Streitigkeiten beenden. Aber mehr Versöhnung und Friede ist möglich. Wir können dazu beitragen, wenn jeder Einzelne sein Herz zum Frieden bekehrt und in seinem Umfeld für Versöhnung wirkt. Wie geschieht das? Ich möchte Ihnen zehn Anregungen dazu geben:
1.
Haben wir Respekt und Achtung vor jedermann und ‚jeder Frau’, unabhängig von Hautfarbe, Nationalität, Einstellung, Alter, Gesundheit und Aussehen. „Übertrefft euch in gegenseitiger Achtung“ (Röm 12,10), fordert Paulus. Lassen wir uns immer von der „Goldenen Regel“ leiten: „Was Du nicht willst, dass man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu“, positiv formuliert: „Alles, was du von anderen erwartest, das tu’ auch ihnen!“ (vgl. Mt 7,12).
2.
Verhindern wir jede Verletzung anderer durch Worte oder Taten. „Über eure Lippen komme kein böses Wort, sondern nur ein gutes, das den, der es braucht, stärkt, und dem, der es hört, Nutzen bringt“ (Eph 4,29), so heißt es im Brief an die Epheser. Durch vieles und unüberlegtes Reden, durch „Stammtischparolen“ und „Anheizen der Gerüchteküche“ wird oft verletzt, Stimmung gemacht und die Atmosphäre des Friedens erheblich gestört. Noch schlimmer ist es, wenn Unwahres oder Halbwahrheiten erzählt und weitergetragen werden. Worte können töten. Sie sollen aber aufbauen, versöhnen und Leben in Frieden schenken!
3.
Versöhnen wir uns jeden Tag durch „Vergeben“ und „Entschuldigen“. „Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum“ (Eph 4,26 f.), schreibt der Epheserbrief. Wir alle sind und bleiben trotz unseres guten Willens Menschen. Ohne den „roten Faden“ des Verzeihens, der sich durch unser Leben ziehen muss, und ohne die Atmosphäre des täglichen Vergebens gibt es keinen Frieden. Erinnern wir uns an die Frage des Petrus im Evangelium: „Wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal?“ Jesus antwortet: „Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal“ (Mt 18,21 f.).
4.
Gehen wir offen und ohne Vorurteile auf Leute zu, die als Gäste und Neulinge zu uns kommen. „Zu Gast bei Freunden“ war das Motto der Fußball-Weltmeisterschaft im letzten Jahr. Wir haben in Deutschland bewiesen, dass wir gastfreundlich sein können. Das Motto „Zu Gast bei Freunden“ muss täglich bei uns gelten. „Gewährt jederzeit Gastfreundschaft“ (Röm 12,13), schreibt Paulus den Römern. Das Klima der Freundschaft ist in unserer globalen Welt so wichtig; es muss besonders den Fremden, den Armen und Hilfsbedürftigen zugutekommen.
5.
Erziehen wir in Familie, Kindergarten, Schulen und Jugendgruppen unsere Kinder und Jugendlichen zum Frieden. Die Mahnung „vertragt euch“ ist leider aus der Mode gekommen. Wir geben den Kindern und Jugendlichen andere Weisungen mit auf den Weg, zum Beispiel: „Lasst euch nichts gefallen“, oder: „Setzt euch durch“. Ein gesundes Selbstbewusstsein, das Einbringen der eigenen Meinung und der Bedürfnisse sind im Leben des Menschen wichtig. Aber als Ziel muss immer vor Augen bleiben: „Lebt in Frieden“ (2 Kor 13,11), wie es im Zweiten Brief an die Korinther heißt. Schlichten wir Streit! Haben wir Zivilcourage, gegen Gewalttätigkeiten in unserem Umfeld einzuschreiten! Mahnen wir zum Frieden!
6.
Gehen wir verantwortungsvoll mit den Medien um, üben wir Selbstkontrolle und verlangen wir gesetzliche Kontrolle. Nach Zeitungsmeldungen verbringt jeder Deutsche, vor allem Kinder und Jugendliche, circa vier und mehr Stunden am Tag vor dem Fernseher und dem Computer. Sie sind die heimlichen Erzieher von Kindern und Erwachsenen unserer Zeit. Sie beeinflussen uns stärker als wir meinen und zugeben. Die Eltern sollten den Fernseh-, Video- und Internetkonsum ihrer Kinder und der Jugendlichen kontrollieren. Sie dürfen keine Gewaltvideos anschauen und Killerspiele spielen. Die Politiker sind verpflichtet, entsprechende gesetzliche Regelungen zu schaffen. Jede Verherrlichung von Gewalt muss aus den Medien verbannt werden.
7.
Pflegen wir das Gespräch, es ist für den Frieden unabdingbar! Die vor wenigen Tagen erschienene UNICEF-Studie zum Thema „Kinderfreundlichkeit in den Industrie- ten Gesellschaft eine neue „Gesprächskultur“. Die Ausrede: „Ich habe keine Zeit“ sollte, wenn jemand ein Gespräch möchte, zum „Unwort“ erklärt werden. Das Gespräch miteinander ist Keimstätte des Friedens und reduziert von selbst das Gewaltpotenzial.
8.
Versuchen wir auch das politische Handeln mitzubestimmen, Politik muss der Versöhnung und dem Frieden dienen. Es darf keine Waffenexporte aus Europa und den Industrienationen in Kriegsgebiete geben. Krieg und Terror müssen von allen geächtet werden. Strategien für weltweite Gerechtigkeit, für die Bekämpfung des Hungers und der Krankheiten sowie die Überwindung des Analphabetismus, sind international zu fördern. Die Entwicklungshilfe muss erhöht werden. Bei uns sollen alle Jugendlichen Lehrstellen und Arbeitsplätze bekommen. Diese Forderungen kann jeder von uns an unsere Politiker herantragen und die Umsetzung einfordern.
9.
Für das Klima des Friedens unter uns wirkt auch der Humor: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt,“ hat Joachim Ringelnatz geschrieben. Er trägt dazu bei, dass sich keiner selbst zu wichtig nimmt, aber auch nicht die anderen und schon gar nicht die Ereignisse um sich herum. Der Humor holt auf den Boden zurück, macht geduldig und tolerant, lässt sachlich reagieren und hilft, unverkrampft zu lachen.
10.
Das A und O des Friedens ist aber das tägliche Gebet. Es verbindet uns mit unserem „Lehrmeister des Friedens“, mit Jesus Christus, der „unser Friede“ ist (vgl. Eph. 2,14), und erbittet, was wir nicht selber erreichen können.
Zum Schluss möchte ich Sie einladen, das Friedensgebet, das dem heiligen Franziskus zugeschrieben wird, zu sprechen. Es findet sich im Gotteslob Nr. 29,6. Beten wir es jetzt und immer wieder:
Herr, mach mich zu einem Werkzeug des Friedens;
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde,
sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde,
sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde,
sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Liebe Schwestern und Brüder! Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Fastenzeit 2007, die Ihnen mit Ihren Mitmenschen und der ganzen Schöpfung Versöhnung und Friede schenkt und die Sie zum „Werkzeug des Friedens“ macht. Beherzigen Sie die Weisung des heiligen Paulus, die das Leitwort dieser Fastenzeit sein soll: „Lasst uns also nach dem streben, was zum Frieden und zum Aufbau beiträgt“.
Der Gott des Friedens sei mit Ihnen,
ER segne Sie
+ der Vater, + der Sohn und + der Heilige Geist.
Amen.
Ihr Erzbischof
Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder!
Am kommenden Mittwoch beginnt die Erzdiözese ihr Jubiläum „1000 Jahre Bistum Bamberg“. Das Jubiläumsjahr soll uns helfen, unsere Vergangenheit besser zu verstehen, unsere Gegenwart zu begreifen und für die Zukunft handlungsfähig zu bleiben. Dazu haben wir ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Wir wollen miteinander beten und Gottesdienste feiern, Feste veranstalten, uns besinnen und diskutieren. All das soll uns den Zielen, die wir uns gesetzt haben, näher bringen: Glauben stärken, Gemeinschaft leben, für die Menschen da sein. Wir haben den Sternenmantel Kaiser Heinrichs II., der unser Bistum durch die Jahrhunderte begleitet hat, als Symbol für unser Jubiläumsjahr gewählt. Sterne öffnen unseren Blick in die Weite und vermitteln Orientierung für unseren Weg in die Zukunft. Ein Mantel schützt und wärmt, er gibt Geborgenheit und symbolisiert seit den Tagen des heiligen Martin menschliche Zuwendung. Im Zentrum des Sternenmantels steht Jesus Christus. Liebe Mitchristen! Ich bitte Sie alle, besonders auch die Kinder und Jugendlichen, am Jubiläum teilzunehmen, es mit zu gestalten und füreinander Stern und Mantel zu sein. Unsere Mitte dabei ist Jesus Christus: „Durch ihn und mit ihm und in ihm“ bilden wir Kirche.
Das Weinstockgleichnis soll uns durchs Jubiläumsjahr begleiten. In ihm sagt Jesus: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5). Davor verheißt er aber: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“. Wir wollen uns tiefer in Christus verwurzeln, damit wir reiche Frucht in der Vertiefung und Ausbreitung des Glaubens, im Gebet und Gottesdienst und in Werken der Liebe bringen. Dazu sollen die Anliegen der Jahre 2003-2006 aufgegriffen werden, die das Jubiläumsjahr vorbereitet haben.
Erinnern Sie sich an das Jahr 2003: Das Ökumenische Jahr der Bibel! Zu Jesus Christus gelangen wir, wenn wir aufmerksam sein Wort vor allem in den Evangelien lesen und es mit dem Herzen hören. Im Jakobusbrief werden wir gemahnt, nicht nur Hörer, sondern auch Vollbringer des Wortes Gottes zu sein (vgl. Jak 1,22 f.). Das Lesen der Bibel und das Beten mit der Bibel soll auch in ökumenischen Kreisen verstärkt und mit den evangelischen und orthodoxen Schwestern und Brüdern gepflegt werden. Das Suchen und Erstreben der Einheit aller Christen muss im Jubiläumsjahr eine wichtige Rolle spielen. 2003 war auch das „Jahr des Rosenkranzes“. In diesem wertvollen Gebet meditieren wir Schlüsselszenen aus den Evangelien. Es erschließt uns wichtige Ereignisse aus dem Leben Jesu und seiner Mutter Maria. Der Rosenkranz ist ein biblisches Gebet, das uns Christus näher bringt. Deshalb soll er gerade auch im Jubiläumsjahr seinen Platz haben.
Im Jahr 2004 wurde der Pastoralplan: „Den Aufbruch wagen – heute!“ von der ganzen Diözese erstellt. Das Jahr 2004/2005 war auch das „Jahr der Eucharistie“. Wir haben neu über die Eucharistiefeier und die eucharistische Anbetung nachgedacht und sie eingeübt. In unserem Pastoralplan wird an verschiedenen Stellen über die Eucharistie gesprochen. So heißt es z. B.: „Bei aller legitimen Vielfalt liturgischen Feierns und gottesdienstlicher Formen ist und bleibt die Eucharistie ‚Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens’ (LG 11). Aus ihr und auf sie hin entwickelt sich das religiöse Leben der einzelnen Christen und der kirchlichen Gemeinden und Gemeinschaften“ (Seite 52). Für die Feier der Eucharistie ist der priesterliche Dienst unabdingbar. Auch das steht im Pastoralplan: „Der priesterliche Dienst, der durch die Priesterweihe übertragen wird, ist der Kirche geschenkt und hat unersetzliche Bedeutung. [...] Vornehmlich üben die Priester ihr Amt aus, wenn sie in der Person Christi die Eucharistie feiern“ (Seite 47). Ich bitte Sie im Jubiläumsjahr verstärkt um Priesterberufungen zu beten. Wichtig ist vor allem, dass wir die Sonntagseucharistie wertschätzen und sie mitfeiern. Mit der Eucharistie ist Besinnung und Umkehr verbunden: Wer den Leib des Herrn isst und sein Blut trinkt, der prüfe sich zuvor, mahnt Paulus die Korinther (vgl. 1 Kor 11, 27 - 29). Deshalb steht am Beginn jeder Messfeier der Bußakt. Im Weinstockgleichnis wird von der Reinigung der Rebzweige gesprochen. Sie ist regelmäßig notwendig, damit der Weinstock Frucht bringen kann. Die Wertschätzung des Bußsakramentes ist eine große Hilfe dafür, dass wir am Weinstock Christi bleiben und reiche Frucht bringen.
Im Pastoralplan haben wir besonders unterstrichen, dass unsere Kirche missionarisch und diakonisch zugleich sein soll. Auch dazu trägt das Jubiläumsjahr bei. Alle Christinnen und Christen sind aufgefordert, entsprechend ihren Charismen und Ämtern in guter Kooperation das Werk Christi weiter zu führen und so für die Menschen da zu sein. Die Kirche muss den Menschen das Brot des Lebens und den Wein der Freude bringen. Alle einzelnen Veranstaltungen des Jubiläumsjahres dienen der Erneuerung der Kirche. Es muss unser Ziel sein, die Zahl der Kirchenaustritte zu verringern und die der Eintritte zu vermehren. Die froh machende Beteiligung an den Gottesdiensten soll sich verbessern. Besuchen Sie die Ausstellungen und Bildungsveranstaltungen, die einen Beitrag dazu leisten können, unsere Herkunft besser zu verstehen, damit wir uns für die Zukunft bereiten. Unterstützen Sie bitte auch die Initiative „Ausbildung – Arbeit - Zukunft“ für Menschen unserer Region. Wir wollen für jedes Jahr unserer Geschichte 1000 Euro sammeln, um dann mit insgesamt einer Million Euro z. B. Ausbildungsplätze zu schaffen und Familien zu unterstützen. Das Jubiläum darf nicht nur ein Jahr salbungsvoller Worte sein, sondern es muss ein Jahr der Taten, ein Jahr der Gottes- und der Nächstenliebe werden. So werden wir reiche Frucht bringen in der Welt.
Das Jahr 2005 war das „Jahr der Jugend“ mit dem beeindruckenden Weltjugendtag. Wir erinnern uns an die vielen Jugendlichen aus der ganzen Welt, die fröhlich, betend und singend durch die Straßen zogen, aber auch im sozialen Engagement für Kranke, Behinderte, Alte und Arme tätig waren. Die Jugendlichen und Kinder sollen auch im Jubiläumsjahr eine besondere Rolle spielen. Vor allem bitte ich die Jugendlichen und Kinder selbst, sich einzubringen und mitzuwirken. Viele von Euch haben in den Kommuniongruppen das Bild des Weinstocks behandelt. Ihr habt Eure Gesichter als die Reben eingeklebt. Dass will deutlich machen, dass Ihr ein wichtiger Teil der Gemeinschaft unserer Kirche seid, die um Jesus versammelt ist. Ihr seid die wichtigsten Früchte am Weinstock Eurer Pfarreien, und Ihr sollt auch selber fruchtbar sein für andere Menschen. Am Tag der Eröffnung des Jubeljahres, am 1. November 2006, werde ich auch den revidierten Jugendplan für unser Erzbistum in Kraft setzen. Ich bitte Sie, alle Erwachsenen, sich für die jungen Menschen einzusetzen. Sie brauchen für ihre Zukunft vor allem den Glauben an den guten Gott. Sie sollen eine tragfähige und froh machende Gemeinschaft in Kirche und Staat erleben. Sie sollen lernen, für die Menschen da zu sein. So wird im doppelten Sinn die Jugend der Kirche erneuert, die Jugend der Kirche und die Jugend in der Kirche.
Das Jahr 2006 diente der direkten und unmittelbaren Vorbereitung auf das Jubiläum. Ich habe es als „Jahr der Berufung“ und „Jahr des Gebetes“ bestimmt. Wir alle sollen über unsere Berufung als Mensch, als Christ und über unsere Dienste in Kirche und Gesellschaft nachdenken. Das Gebet ist dafür unabdingbar. Es lässt uns unsere Berufung entdecken und stärkt uns, sie zu leben. Pflegen Sie das persönliche Gebet. Sprechen Sie mit Christus wie mit einem Freund. Feiern Sie die Jubiläumsgottesdienste in Bamberg oder in Ihren Gemeinden mit. Beteiligen Sie sich an der „spirituellen Stafette“, wenn der Sternenmantel durch Ihre Region zieht, und an den Wallfahrten. Nutzen Sie dabei die Gestaltungsvorschläge, die vom Ordinariat in Bamberg zur Verfügung gestellt werden. Besonders darf ich Ihnen das Bildchen mit den „Gebeten zum Jubiläumsjahr“ ans Herz legen, das in keinem Gebetbuch fehlen sollte: Es zeigt Christus als das Zentrum des Sternenmantels und greift in einem Hymnus das biblische Bild vom Weinstock für die Kirche von Bamberg auf. Nehmen Sie es immer wieder zur Hand. Es soll Sie durch dieses Jahr und darüber hinaus begleiten.
Liebe Schwestern und Brüder! Feiern wir ein frohes Jubiläumsjahr! Besinnen wir uns, feiern wir und schöpfen wir Kraft, um den Glauben zu stärken, Gemeinschaft zu leben und für die Menschen da zu sein. Als Weinstock Christi werden wir fruchtbar sein für das Leben der Welt. Das ist unsere Berufung in Christus, der von sich gesagt hat: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10, 10).
Dazu segne Sie der dreifaltige Gott, + der Vater, der Sohn und der Heilige Geist
Ihr Erzbischof
Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder!
1.
„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ (Mk 8,29). So heißt es an zentraler Stelle im Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium. Warum? Die Evangelisten, vom Heiligen Geist inspiriert, wollten der Kirche diese Frage Jesu mit auf den Weg durch die Geschichte geben. Die Christen sollten sich i h r immer wieder neu stellen und s i e wie Simon Petrus beantworten: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16). Das Evangelium hat uns gerade verkündet: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Die vor uns liegende österliche Bußzeit möchte uns näher zu Jesus führen, sie will uns erneut die Ohren für die Frohe Botschaft öffnen und uns die Freude des Reiches Gottes schenken. Dazu müssen wir uns der Frage Jesu an seine Jünger stellen: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Sie ist die entscheidende Frage für unser Christsein und für unsere Kirche.
2.
Es scheint derzeit auch sehr nötig und angebracht, diese Frage neu zu stellen. „Wo bleibt Jesus?“, so titelte der Leitartikel einer christlichen Monatszeitschrift (Herder Korrespondenz) in ihrer letzten Ausgabe des vergangenen Jahres. Der Verfasser wies darauf hin, dass es zwar einen religiösen Aufbruch gebe, dass Jesus dabei aber nur wenig vorkomme. Fast zur gleichen Zeit schrieben Tageszeitungen: „Jüngere Deutsche lesen kaum noch in der Bibel“. Eine Umfrage des Allensbacher Instituts hat ergeben, dass 62 Prozent der jungen Menschen bei uns nie, 25 Prozent eher selten und nur 4 Prozent regelmäßig in der Bibel lesen. Bei der derzeitigen Renaissance der Religion geht es tatsächlich sehr oft ganz allgemein um die Sehnsucht nach Transzendenz und um Hilfen zur Bewältigung des Lebens. In den 60er und 70er Jahren lautete ein weitverbreiteter Slogan „Jesus ja - Kirche nein“; heute scheint eher zu gelten „Religion ist in - Jesus ist out“.
3.
„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Christsein beginnt immer mit der Entdeckung Jesu und bedeutet: Jesus Christus nachfolgen, leben wie ER, Freundschaft mit IHM. Das lehrt uns auch das Leben aller Heiligen. Auf einige möchte ich beispielhaft hinweisen. Augustinus hörte im Garten in Mailand die Stimme eines Kindes, die ihm zurief: „Nimm und lies“. Gemeint war die Bibel. Augustinus schlug sie auf und las eine Stelle aus dem Römerbrief, deren zentraler Satz lautet: „Ziehet den Herrn Jesus Christus an“ (vgl. Röm 13,14). Seitdem kreiste sein Denken, Reden und Schreiben ganz um Jesus Christus. In ihm fand Augustinus die Wahrheit, den Frieden und das Glück seines Lebens. Etwa 700 Jahre später bekehrt sich Franziskus vom egozentrischen Weltmenschen zum frohen Bruder aller Geschöpfe, indem er Jesus Christus und seine Frohe Botschaft entdeckte. Durch das Hören und Lesen des Evangeliums glich er sich Jesus so an, dass er von seinen Zeitgenossen als „alter Christus“, als anderer Christus bezeichnet wurde. Auch die große Teresa von Avila erlebte ihre Bekehrung, als sie erkannte, dass Jesus ihr Freund ist. Ihr Beten war seitdem wie das „Verweilen bei einem Freund“. So schreibt sie selbst in ihrer Autobiographie. Das Gleiche gilt für Mutter Teresa von Kalkutta. Sie fand und liebte Jesus in den Armen, und wie Jesus wollte sie den Kranken, Sterbenden, Ausgesetzten und Verlassenen dienen.
4.
Christsein ohne Jesus und ohne das Evangelium gibt es nicht! „Durch ihn und mit ihm und in ihm“ sind wir Christen. Letztlich ist der Christ eingeladen, in Freundschaft mit Jesus Christus zu leben. Aber wie kommen wir heute mit Jesus in eine persönliche Beziehung? Wie können wir in unserer Zeit Freundschaft mit Jesus schließen? Der bekannte Professor für die Auslegung des Neuen Testamentes, Rudolf Schnackenburg (gestorben 2002), hat am Ende seines Lebens ein Büchlein geschrieben mit dem Titel „Freundschaft mit Jesus“. In ihm wirft er die Frage auf: Kann man auch heute Jesus zum Freund haben? Dazu schreibt er: „Es erscheint schwierig, wenn man den Abstand über Jahrhunderte, das Fernsein von dem, der nicht mehr körperlich unter uns weilt, die Fremdheit seiner oft herben, ja harten Worte bedenkt ... (Freundschaft) setzt doch voraus, dass man die Menschen vor sich sieht, den vertrauten Klang ihrer Stimmen hört, ihre Gesichtszüge wahrnehmen kann, ihre Worte in sich eindringen lässt. Jesus ist uns unmittelbar als Mensch in leibhafter Gegenwart nicht mehr erreichbar, ist uns für unser Empfinden in die Ferne gerückt, fremd geworden.“ Doch dann fährt er fort: „Und doch kann Jesus mein Freund sein. Er selbst sagt es seinen Jüngern: ‚Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe’ (Joh 15,15). Seinen Freunden erschließt sich Jesus ... Er gibt ihnen das, was er und nur er ihnen geben kann: die erhellenden, beglückenden und befreienden Worte von Gott, seinem Vater, die auch unser menschliches Sein und Leben erhellen können ... Die Freundschaft, die Jesus schenkt, geht von ihm selbst aus ... Es ist eine Freundschaft, die jeden Abstand vom geschichtlichen Jesus, alle Abgründe der Ferne und Fremde überwindet. Jesus ist gegenwärtig mein Freund, den ich hören kann, wenn ich auf sein Wort achte.“ So Rudolf Schnackenburg!
5.
„Wenn ich auf sein Wort achte“! Die erste und wichtigste Brücke zu Jesus ist das Hören und Lesen des Evangeliums. Nehmen Sie sich doch in dieser Fastenzeit einmal das Markusevangelium vor, das in diesem Jahr an den Sonntagen gelesen wird! Es ist das Kürzeste der vier Evangelien und kann in gut zwei Stunden durchgelesen werden. Lesen Sie es einmal ganz von Anfang bis Ende. Aber dann lesen Sie es noch einmal Abschnitt für Abschnitt, jeden Tag ein paar Verse. Lesen Sie die Texte hörend und fragen Sie sich dabei: „Jesus, was willst du mir mit diesem Text sagen? Wer bist du für mich und die Menschen? Was soll ich tun, wie mich verhalten? Wie soll ich mit dir vor Gott, deinem und meinem Vater, leben? Wie soll ich den Menschen begegnen und ihnen dienen?“
6.
Das Hören und Lesen des Evangeliums soll in ein Gespräch mit Jesus führen. Der heilige Ignatius von Loyola weist darauf hin, dass der Christ über das, was er gelesen hat, „mit Jesus wie mit einem Freund Zwiesprache“ halten soll. Wie das Gespräch mit den Mitmenschen nicht von selbst gelingt, muss auch das Zwiegespräch mit Jesus eingeübt werden. Es braucht Ruhe, den richtigen Raum und ungestörte Zeit. Gönnen Sie sich jeden Tag dieses hörende Lesen und liebevolle Gespräch mit dem Herrn! Wenn Sie sich eingeübt haben, werden Sie spüren, wie wohltuend diese Art des Betens ist.
7.
Liebe Schwestern und Brüder! „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Ich bitte Sie von ganzem Herzen, sich dieser Frage zu stellen und in den Tagen der Fastenzeit eine ganz persönliche Antwort zu geben. Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden. Die Evangelien stellen uns Jesus deutlich vor Augen (vgl. Gal 3,1). ER ist im Heiligen Geist lebendig unter uns. Wir können mit ihm sprechen, ihn verstehen, ihm nachfolgen und seine Freunde und Freundinnen sein.
8.
Wie Jesus sollen auch seine Freunde - Frauen und Männer, Jung und Alt - ihren Mitmenschen in Freundlichkeit, mit Verständnis, Barmherzigkeit und Liebe begegnen. Die Freunde Jesu sind besonders den Notleidenden, Kranken, Alten und Hilfsbedürftigen hilfreiche Freunde. Die Freundschaft mit Jesus wird so zur Freundschaft mit den Mitmenschen.
9.
Liebe Mitchristen! Es ist mein Herzensanliegen, dass möglichst viele Menschen im Erzbistum Bamberg, vor allem Jugendliche und Kinder, die Jesus besonders ins Herz geschlossen hat, bekennen können: Ich lese täglich im Evangelium. Wie schön wäre es auch, wenn bei uns die Frage überflüssig würde: „Wo bleibt Jesus?“, weil ER, der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes, in unseren Herzen und Köpfen Bleibe hat und man das auch in unserem Leben spürt.
Ich wünsche Ihnen allen eine gesegnete Fastenzeit, in der Jesus Christus und sein Evangelium Mitte und Angelpunkt sind, in der wir uns zu IHM bekehren, in der die Freundschaft mit IHM und untereinander wächst.
Dazu segne Sie der allmächtige und gute Gott, der + Vater, der + Sohn und der + Heilige Geist.
Ihr Erzbischof
Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Bamberg!
1.
„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!“ Mit diesem Gruß des heiligen Paulus an die Korinther möchte ich Ihnen allen eine gesegnete Adventszeit und ein gutes neues Kirchenjahr wünschen. Gnade bedeutet: gütige, liebevolle und barmherzige Zuwendung Gottes zu den Menschen. Gerade in Ihren ganz konkreten Nöten und Anliegen, in Ehe und Familie, am Arbeitsplatz, in der Schule, im Seniorenheim und Krankenhaus möge Ihnen Gottes Nähe spürbar zuteil werden. Vor allem den Kindern und Jugendlichen, den Behinderten und Kranken, den Arbeitslosen und Lehrstellensuchenden, den Trauernden und Einsamen erbitte ich Gnade von Gott und dem Herrn Jesus Christus. Möge die Zuwendung Gottes dadurch wirksam werden, dass viele Menschen sich im konkreten Leben einander zuwenden, um sich besser zu verstehen, sich zu stützen und sich zu helfen. Und Friede wünsche ich Ihnen allen! Der göttliche Friede übersteigt all unser Denken und Wünschen. Er erfüllt uns mit Hoffnung und Kraft, auch in schwierigen Zeiten und Stunden. Mögen Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus Ihr Leben im Advent, an Weihnachten und im ganzen neuen Kirchenjahr begleiten.
2.
Mit dem heutigen Sonntag schließen wir das alte Kirchenjahr ab. Es stand in unserer Erzdiözese unter dem Motto des Pastoralplans „Den Aufbruch wagen - heute!“, der am 9. Januar 2005 veröffentlicht wurde. Er wird in den einzelnen Pfarreien, Dekanaten und Institutionen entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten und Erfordernissen umgesetzt. Das ist zu spüren! Darüber freue ich mich und sage Vergelt´s Gott. Selbstverständlich bleibt noch vieles zu tun. Ich bitte Sie, weiterhin engagiert, mutig und vertrauensvoll die Beschlüsse und Anregungen des Pastoralplans in der Praxis zu realisieren. Er trägt uns auf, „auch in Zukunft vom guten Gott (zu) reden, IHN (zu) feiern und IHN in Taten der Liebe (zu) übersetzen“ (S. 7).
Um den Pastoralplan in den nächsten Jahren weiter umsetzen zu können, haben wir die unbedingt notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen fortgeführt. Zu dem gleichen Zweck wurde im Sommer dieses Jahres der Umstrukturierungsprozess begonnen. Wir müssen aufgrund des Finanz- und Personalmangels größere Seelsorgebereiche bilden, um „Das Erzbistum Bamberg handlungs- und zukunftsfähig (zu) gestalten“; so lautet der Titel der Broschüre mit den „Informationen zum Konsolidierungsprozess“. Die Bildung der Seelsorgebereiche fördert den Austausch und ermöglicht vielfältige Gemeinschaft, was unserem Hauptziel, einer evangelisierenden Pastoral, dient. Diese positiven Aspekte werden trotz der Belastungen von vielen wahrgenommen.
Aus den Pfarreien und Dekanaten wird gemeldet, dass die Gespräche, Überlegungen und Vereinbarungen gut vorangehen. Manche Dekanate haben die Bildung der Seelsorgebereiche bereits weitgehend abgeschlossen und wünschen, dass diese möglichst bald in Kraft gesetzt werden. Andere sind noch im Gespräch und versuchen, die bestehenden Schwierigkeiten gemeinsam zu überwinden. Wir möchten die Bildung der Seelsorgebereiche für das ganze Bistum im Frühjahr abschließen und sie an Pfingsten 2006 im Rahmen eines Vespergottesdienstes feierlich in Kraft setzen. Die Dekanate, die noch keine zufrieden stellenden Lösungen gefunden haben, möchte ich ermuntern, alle Anstrengungen aufzuwenden, um möglichst bald ihre Vereinbarungen für die Zusammenarbeit vorlegen zu können.
3.
Ich möchte allen danken, die sich so engagiert im Konsolidierungsprozess und bei der Bildung der Seelsorgebereiche einsetzen. Mein Dank gilt vor allem den Dekanen, Pfarrern, pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie besonders den Kirchenverwaltungen und Pfarrgemeinderäten. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Pfarrgemeinderatswahl am 12. März 2006 hinweisen und erneut bitten, sie gut vorzubereiten, sich als Kandidatin oder Kandidat zur Verfügung zu stellen, sich an der Wahl zu beteiligen und gute Pfarrgemeinderäte zu bilden. Vergelt’s Gott sage ich den Strukturberatern sowie meinen Mitarbeitern im Domkapitel und in der Ordinariatskonferenz. Ich weiß, dass es bei den Konsolidierungsmaßnahmen Schwierigkeiten und auch manche persönliche Härten gibt. Ich kenne auch die Ängste und Sorgen in den Pfarrgemeinden bei der Bildung der Seelsorgebereiche und trage sie mit. Wir sollten gemeinsam alles versuchen, um die Härten zu mildern und die Ängste zu überwinden. Ich bitte um eine gute Zusammenarbeit und die Bereitschaft zu Kompromissen.
4.
Bei der Bildung der neuen Seelsorgebereiche ist darauf zu achten, dass die Pfarrer nicht noch stärker mit Verwaltungsaufgaben belastet werden. Der ehrenamtliche Einsatz in unseren Pfarreien ist sehr vielfältig und groß. Bei den Pastoralbesuchen und anderen Anlässen darf ich das immer wieder feststellen. Ich sage von ganzem Herzen erneut Vergelt’s Gott dafür. Die Ehrenamtlichen dürfen aber nicht überlastet werden. Wenn die Aufgaben auf viele Schultern verteilt werden, sind sie besser zu bewältigen. Die Werbung für das Ehrenamt und die dankbare Anerkennung seitens aller dafür sind weiterhin sehr wichtig. Ihr großherziges ehrenamtliches Engagement, liebe Mitchristen, gibt mir Mut, erneut an Sie vor Ort zu appellieren, die Aufgaben, die Sie wahrnehmen können, auch zu erfüllen, um so die Priester für die Seelsorge freizuhalten. Belasten Sie Ihre Pfarrer nicht mit mehr Sitzungen als notwendig. Bei vielen Terminen muss der Pfarrer nicht unbedingt dabei sein. Der priesterliche Dienst hat in allen Pfarreien und Seelsorgestellen „unersetzliche Bedeutung“, so haben wir im Pastoralplan festgehalten. Ich bitte die Priester, großherzig ihren Dienst zu erfüllen und die größeren Belastungen geduldig anzunehmen. Sie, die Gläubigen, bitte ich, Ihre Priester nach Kräften zu unterstützen und um Priesternachwuchs zu beten.
5.
Die Diözesanstelle „Berufe der Kirche“ wird in Zusammenarbeit mit Verantwortlichen aus der Jugendarbeit sowie Vertretern der Orden und geistlichen Gemeinschaften am 1. Adventssonntag (heute) eine „Initiative für Berufungen“ starten. Der Weltjugendtag und die Begegnung mit Papst Benedikt XVI. haben uns alle in diesem Jahr bewegt und mit Freude erfüllt. So viele junge Menschen, so viel Begeisterung, so viel Gebet und Tanz, so viel soziales Engagement von jungen Christen aus aller Welt werden ein unvergessliches Ereignis in der Kirche von Deutschland bleiben. Auch für unser Bistum war die Begegnung mit den vielen Jugendlichen aus den fünf Kontinenten in der Woche vor dem Weltjugendtag in Köln ein herausragendes Erlebnis. Mit der „Initiative für Berufungen“ soll der Weltjugendtag weitergeführt und konkrete Konsequenzen aus ihm gezogen werden. Das biblische Schlüsselwort „Berufung“ soll bedacht und Berufungen für den priesterlichen Dienst und das Ordensleben sollen geweckt werden. Dabei sind christliche Ehen und Familien als die Keimzellen für Kirche und Gesellschaft sehr wichtig. Sie werden auch bei der „Initiative für Berufungen“ wieder besondere Beachtung finden. Ich trage diese „Initiative für Berufungen“ von ganzem Herzen mit und freue mich, wenn im Rückblick auf das Ereignis „Weltjugendtag“ mit jungen Menschen über ihre Berufung nachgedacht, gebetet und gesprochen wird.
6.
Liebe Schwestern und Brüder!
Ein neues Kirchenjahr fängt an. In ihm werden wir am 1. November unser Jubiläum 1000 Jahre Bistum Bamberg beginnen. Ich möchte Sie schon heute darauf hinweisen und Sie einladen mitzufeiern. Im Laufe des Jahres werden Sie weitere Informationen erhalten. Ich wünsche mir, dass das neue Kirchenjahr und vor allem unsere Jubiläumsfeier uns im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe stärken. Noch einmal Vergelt´s Gott für alles Engagement und Mitwirken im vergangenen Kirchenjahr. Für die Zeit und die Aufgaben, die vor uns liegen, möchte ich Ihnen den letzten Satz der heutigen Lesung aus dem 1. Korintherbrief zitieren: „Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn.“ Seine Treue wird uns ein gutes neues Kirchenjahr schenken.
So wünsche ich Ihnen allen den Segen des dreifaltigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Ihr Bischof Ludwig Schick
+ Erzbischof von Bamberg
27.11.05: Wort an die Pfarrgemeinden des Erzbistums Bamberg zum 1. Advent 2005 (pdf, 18 KB)
Man macht sich fröhlich aus dem Staub und sucht sein Heil im Weiten ...“.
Liebe Kinder und Jugendliche, liebe Erwachsene!
Bald ist es soweit. Der Tag steht vor der Tür, an dem Sie sich hoffentlich fröhlich „aus dem Staub machen können“. Ich freue mich mit Ihnen auf den Beginn der Ferien und wünsche Ihnen einen guten Urlaub. Ich hoffe, dass Sie den Alltagsstress, die Sorgen des Lebens und auch die Enttäuschungen der vergangenen Zeit hinter sich lassen können. Möge der Urlaub die ‚schönste Zeit des Jahres’ werden und auch die Wunden heilen, die das Leben geschlagen hat.
Ganz besonders wünsche ich Ihnen, dass Sie Stille und Ruhe finden und vom Stress und von der Hektik frei werden. Nicht das viel und immer mehr Sehen und Erleben schenkt Erholung, sondern das tiefe Erfahren von Menschen und Natur. So hoffe ich, dass Sie die gute Schöpfung, den Wald, die Wiesen, die Berge und Täler, die Flüsse, die Seen und das Meer und vor allem Ihre Mitmenschen als Gaben des einen guten Gottes wahrnehmen können. ER sorgt sich um uns und macht uns Mut, unser Leben zu lieben und es als Beitrag zu einer guten Zukunft für alle zu verstehen. IHM dürfen wir vertrauen.
Ich wünsche Ihnen viel Zeit füreinander und miteinander, um die abgerissenen Gesprächsfäden - auch zwischen Ehepartnern, Eltern und Kindern, Freunden und Verwandten - neu aufzunehmen und zu verstärken.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie die Seele baumeln lassen können und Ruhe finden, Ihr Leben zu bedenken; das bringt wahre Erholung und schenkt Kraft für den Alltag.
Bestimmt werden manche zu Hause bleiben. Ihnen wünsche ich, dass Sie sich in den „eigenen“ vier Wänden und in vertrauter Umgebung „aus dem Staub machen“ und „das Weite suchen“ können, um Kraft für den Alltag zu schöpfen.
Ich wünsche allen eine gute Ferienzeit, einen für Leib und Seele erholsamen Urlaub und dann eine gute Heimkehr.
Dazu segne Sie der gute Gott, + der Vater, + der Sohn und + der Heilige Geist.
Ihr Bischof Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder im Erzbistum Bamberg!
Mit diesen Worten fordert der Apostel Paulus die Christen in Korinth auf, sich daran zu erinnern, dass sie Berufene sind. Es ist nicht die einzige Aufforderung im Neuen Testament, über die Berufung nachzudenken. Oft erinnern Paulus und die anderen Apostel daran, dass die Gläubigen sich als von Gott Berufene verstehen sollen. So schreibt der 1. Petrusbrief: „Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat“ (1 Petr 2,9). Unsere Berufung ist eine dreifache: nämlich zum Menschsein, zum Christsein und zum Lebensstand sowie Beruf. Wer diese Berufung erkennt, der findet den Sinn des Daseins und erahnt die „Fülle des Lebens“, von der Jesus spricht, wenn er sagt: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10).
Das Wort „Berufung“ spielt in der Bibel eine zentrale Rolle. Man kann sagen: Ruf und Berufung bilden die Grundlage für alle Aussagen über das Mensch- und Christsein sowie über Lebensstand und Beruf. Schon Erde und Himmel, Boden und Raum allen Lebens, werden durch Gottes Wort ins Dasein gerufen. Die Schöpfungsgeschichten der Genesis berichten, dass „Gott sprach“ (Gen 1 und 2); durch Sein Wort entsteht die gesamte Schöpfung. Paulus erinnert die Gläubigen in Rom daran, wenn er schreibt: dass der Gott unseres Glaubens „das, was nicht ist, ins Dasein ruft“ (vgl. Röm 4,17). Auch alle Menschen und jeder Einzelne sind durch Gottes Ruf geschaffen! Der Prophet Jesaja bekennt, dass Gott „von Anfang an die Generationen ins Dasein rief“ (vgl. Jes 41,4). Bezüglich jedes einzelnen Menschen legt er Gott in den Mund: „Ich habe Dich beim Namen gerufen, du gehörst mir“ (Jes 43,1). Jeder Mensch erkennt durch seine Berufung auch, was er bedeutet. Selbst Jesus erfährt bei seiner Taufe durch die Stimme aus dem Himmel, wer er ist: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“ (Mt 3,17).
Was Jesus Christus für uns Menschen sein soll, wird vom Evangelisten Johannes einfach in dem Begriff „Wort“ zusammengefasst. ER ist das Wort Gottes, das uns Menschen ruft und beruft (vgl. Joh 1). Das öffentliche Wirken Jesu beginnt deshalb damit, dass ER Menschen in seine Nachfolge ruft. Zuerst beruft er Petrus und seinen Bruder Andreas, Jakobus und Johannes (vgl. Mt 4,18-22) und dann die „Zwölf“ (vgl. Mt 10,1-4). Ebenfalls sind Frauen in die Gemeinschaft Jesu berufen – Maria Magdalena, die „Apostelin der Apostel“ war eine von ihnen (Lk 8,1-3). Jesus ruft zwar auch „fromme“ Menschen, aber vorzüglich Sünder in seine Gefolgschaft. Denen, die ihn dafür kritisieren, sagt er: „Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten“ (Mt 9,13).
Auch nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt setzt der erhöhte Christus die Berufungen fort. So stürzt Saulus vor Damaskus zu Boden, weil eine Stimme aus dem Himmel ihn ruft: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich“ (Apg 9,4). Auch zum „Apostel der Völker“ wird er berufen, so steht es im 13. Kapitel der Apostelgeschichte. Paulus bezeichnet sich in jedem Brief als Berufener: „Paulus, durch Gottes Willen berufener Apostel“ (1 Kor 1,1). Berufung bedeutet immer Ruf in die Gemeinschaft mit Christus und in die Gemeinschaft der Mitchristen, in die Kirche. Das meint Paulus, wenn er der Gemeinde in Korinth schreibt: „Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn“ (1 Kor 1,9). Dann fährt er fort: „Ich ermahne euch aber, Brüder (und Schwestern) im Namen Jesu Christi, unseres Herrn: Seid einmütig, und duldet keine Spaltung unter euch; seid eines Sinnes und einer Meinung“ (1 Kor 1,10). Das Bewusstsein, dass Christ- und Kirchesein aus Berufung entstehen, ist der Grund dafür, dass die Kirche sich als „Ekklesia“, Gemeinschaft der Berufenen, bezeichnet.
Die Bibel verkündet auch, dass jeder Lebensstand und Beruf Berufung sind, wenn sie im Lichte Gottes gesehen werden. So dürfen Ehepartner und Familie sich als füreinander Berufene verstehen. Auch die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen erfolgt durch Berufung. Ebenso kann jeder Beruf als Mitarbeit am Wirken Gottes zur Vollendung der Schöpfung verstanden werden. „Tut eure Arbeit gern, als wäre sie für den Herrn und nicht für Menschen“ (Kol 3,23), so fordert der Kolosserbrief. Ganz besonders gilt dies für den Priester- und Ordensberuf, die für Kirche und Welt „unersetzliche Bedeutung“ haben (vgl. Pastoralplan, Den Aufbruch wagen – heute, S. 47).
Liebe Schwestern und Brüder!
„Seht doch auf eure Berufung“ (1 Kor 1,26)! Ich möchte Sie bitten, in den Tagen der Fastenzeit auf Entdeckungsfahrt zu gehen nach Ihrer ganz persönlichen Berufung als Mensch, als Christ und zu Ihrem Lebensstand sowie Beruf. Vor allem Euch, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, möchte ich einladen, im „Jahr der Jugend“ Eure Berufung neu oder tiefer zu entdecken. Hört dazu in Euch hinein. Nehmt Euch Zeit, gönnt Euch Stille, Besinnung, Gebet und gute Gespräche. Sie alle, liebe Mitchristen, möchte ich ermuntern, sich in der kommenden Zeit bis Ostern zu fragen: Woher komme ich, wer hat mich in diese Welt hineingerufen, zu was bin ich als Mensch geboren? Ich wünsche Ihnen, dass Sie bei diesem Nachdenken zur Überzeugung gelangen: der gute Gott hat mich in seiner Weisheit und Liebe geschaffen; IHM bin ich ganz persönlich bekannt und wichtig; ER liebt mich und hat mich für das ewige Leben bestimmt. Wenn Sie das spüren, dann wird Ihr Leben Sinn und Tiefe bekommen, innere Zufriedenheit und Glück wird Sie erfüllen. Der bedeutende Theologe, Thomas von Aquin, hat die Aussage getroffen: „Gott hat alle Menschen um der Glückseligkeit willen geschaffen.“ Ja, wir alle sind zum Glücklichsein berufen! Beim Nachdenken über Ihre Berufung werden Sie auch Ihre Talente und Gaben erkennen, die Gott in seiner Weisheit Ihnen geschenkt hat: in Ihrem Leib, in Ihrem Geist, in Ihrer Seele und in Ihrer Beziehungsfähigkeit. Sie werden sicher auch Grenzen, Schwächen und Mängel feststellen; aber auch sie haben einen Sinn im Plan Gottes. In einem der „Tagesgebete zur Auswahl“ für die Eucharistie heißt es:
Gott.
Du hast uns verschiedene Gaben geschenkt.
Keinem gabst du alles – und keinem nichts.
Jedem gibst du einen Teil.
Hilf uns,
dass wir.....,
einander dienen mit dem,
was du einem jeden zum Nutzen aller gibst.
Im Hinhorchen auf Ihre Berufung werden Sie auch das wunderbare Geschenk des Glaubens tiefer wahrnehmen. Gott hat Sie ganz persönlich berufen, an IHN zu glauben, IHM zu vertrauen, Beziehung zu IHM zu pflegen. Gott hat Sie berufen zum Gebet, zum Gottesdienst, zum Dialog mit IHM. In der Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils, „Die Kirche in der Welt von heute“, heißt es: „Ein besonderer Wesenszug der Würde des Menschen liegt in seiner Berufung zur Gemeinschaft mit Gott. Zum Dialog mit Gott ist der Mensch schon von seinem Ursprung her aufgerufen“ (Nr. 19). Dabei ist die Gemeinschaft der Mitchristen in der Kirche von tragender Bedeutung. In und mit der Kirche, ‚erkennen wir den guten Gott und reden von IHM, feiern IHN in den Gottesdiensten und übersetzen IHN in Taten der Liebe’; so ist es in der Einleitung unseres Pastoralplanes „Den Aufbruch wagen – heute“ zu lesen (vgl. S. 7). Die Kirche, die wir alle bilden, bestärkt uns im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe. Beim Erkennen der Berufung zum Christsein werden Sie, liebe Schwestern und Brüder, auch, wie von selbst, den „inneren Drang“ verspüren, diesen Glauben weiterzugeben: Auch die „anderen“ sollen den guten Gott und die Frohe Botschaft Christi kennen lernen. Sie werden entdecken, dass Sie zum „missionarischen Christsein“ in Ihrer Umgebung und weltweit berufen sind. Das Nachdenken über Ihre Berufung wird Sie auch dankbar erkennen lassen, dass Sie ein „Gewissen“ haben. „Das Gewissen ist die verborgenste Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit Gott, dessen Stimme in diesem seinem Innersten zu hören ist,“ (GS Nr. 16) schreibt die Pastoralkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils. Der Mensch ist also nicht zum Nichtwissen (Agnostizismus) verdammt. Er ist nicht der Meinung der anderen im privaten und öffentlichen Leben ausgeliefert und auch nicht seinen eigenen schwankenden Erkenntnissen und Gefühlen. In seinem Innern kann er mit seinem Schöpfer und Herrn sprechen. So empfängt er das notwendige Wissen über Gott, die Welt und sein eigenes Leben. Er kann Gut und Böse unterscheiden.
Im Nachdenken über Ihre Berufung werden Sie auch Ihren Lebensstand und Ihren Beruf als Berufung erkennen. Dadurch werden Sie mit Dank darüber erfüllt werden, dass Gott Sie zu diesem ganz speziellen Leben bestimmt hat. Das ist sicher nicht für jeden von Ihnen ohne weiteres nachvollziehbar. Besonders wenn Sie derzeit unzufrieden mit Ihrem Stand und Beruf sind oder keine Ehe, Familie oder Beruf haben. Denken Sie trotzdem über Ihre Berufung nach. Das kann Ihnen neue Perspektiven eröffnen. Die Erkenntnis, dass Ihre Ehe und Familie oder Ihre Ehelosigkeit nicht Zufall oder Schicksal und auch nicht selbstgemacht sind, sondern dass Sie von Gott dazu berufen sind, wird Ihnen Mut und Energie geben, etwas aus Ihrem Stand und Beruf für sich, für Ihre Mitmenschen und zur Ehre Gottes zu machen. Sie werden daraus auch die Kraft schöpfen, in schweren Situationen und Krisen durchzuhalten. Auch Ihre Leiden werden Sie dann als Berufung verstehen. Sie dürfen an den Leiden Christi zur Erlösung der Welt teilhaben, wie es im Kolosserbrief ausgedrückt ist (vgl. Kol 1,24). Und nicht zuletzt werden Sie auch den Tod als Berufung begreifen, nämlich als Ruf Gottes, ins unvergängliche ewige Leben einzugehen.
Liebe Schwestern und Brüder! Die Fastenzeit ist dazu da, umzukehren und an das Evangelium zu glauben. Das Evangelium Christi enthält die Frohe Botschaft für jeden, dass er ein Berufener ist. Werden Sie still, besinnen Sie sich, erkennen Sie Sinn und Ziel Ihres Lebens. Nutzen Sie die Fastenzeit! Denken Sie persönlich über Ihre Berufung zum Mensch – und Christsein sowie zu Ihrem Lebensstand und Beruf nach. Sprechen Sie auch in der Familie und im Freundeskreis über dieses Thema. Auch die Pfarrgemeinderäte, die Vereine, besonders die Jugendverbände möchte ich ermuntern, über die Berufung zu sprechen. Die Eltern und Erwachsenen bitte ich, den Jugendlichen zu helfen, ihre Berufung zu entdecken und zu verwirklichen, besonders, wenn es sich um den Priester- und Ordensberuf handelt. Als Anregung für Ihr Nachdenken und Ihre Gespräche kann Ihnen auch der Abschnitt „Alle sind berufen– Berufe der Kirche – Kultur der Berufungen“, in unserem Pastoralplan „Den Aufbruch wagen – heute“, dienen (S. 36-38). Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Fastenzeit, die Ihnen den Sinn Ihres Lebens tiefer erschließt. Mögen Sie spüren, dass Gott Sie durch und mit Jesus Christus zur Fülle des Lebens berufen hat, der zu Ihnen spricht: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Dazu erbitte ich Ihnen den Segen Gottes, des gütigen Vaters, des menschenfreundlichen Sohnes und des liebevollen Heiligen Geistes.
Bamberg, 13.02.2005
Ihr Erzbischof
Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder!
1.
„Unser tägliches Brot gib uns. Heute“. Unter diesem Motto wird heute im Dom zu Bamberg die Misereor-Fastenaktion 2004 eröffnet. Von den rund 6,3 Milliarden Bewohnern der Erde sterben täglich 24 Tausend an Unterernährung, 830 Millionen leiden chronisch an Hunger und etwa 1,2 Milliarden Menschen leben unter dem Existenzminimum. Wenn wir sprechen „Unser tägliches Brot gib uns heute“, beten wir zuerst für diese sterbenden, hungernden und unterernährten Kinder, Frauen und Männer.
Diese Bitte ist aber nur dann ehrlich, wenn wir selber je nach unseren Kräften mithelfen, den Hunger in der Welt zu lindern. Ein konkreter Beitrag in dieser Fastenzeit sollte darin bestehen, großzügig auf Entbehrliches zu verzichten und den Erlös den Hungernden zu schenken. Helfen wir mit, den Hunger in der Welt zu überwinden!
Hunger muss nicht sein. Dass es ihn trotzdem gibt, hat viele Ursachen. Die Gaben der Schöpfung reichen für alle, sie müssen nur gerecht verteilt werden. Die Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ fordert, dass wir uns für eine gerechtere Welt einsetzen. Gerechter ist die Welt dann, wenn das derzeitige Nord-Süd-Gefälle beseitigt ist. Die Weltwirtschaftsordnung muss so gestaltet werden, dass die Entwicklungsländer freien Zugang zu den Weltmärkten erhalten und für ihre Produkte einen angemessenen Preis bekommen. Wissenschaft und Technik sind heute im Stande, für die ganze Weltbevölkerung die Grundnahrungsmittel zu garantieren. Dafür müssen Geld und Material eingesetzt werden. Diese für Waffen und Kriege, für Luxusgüter und ehrgeizige Weltraumprojekte zu verschleudern, ist angesichts des Hungers in der Welt ein Skandal.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“ bedeutet auch: „Eine neue Gerechtigkeit und dauerhaften Frieden gib uns heute!“ Jeder von uns kann durch sein Interesse an den Problemen dieser Welt, durch sein Mitwirken in Politik und Wirtschaft, durch seinen Lebensstil, sein Verhalten und nicht zuletzt durch sein Gebet für Gerechtigkeit und Frieden einen Beitrag leisten. Die Fastenzeit fordert dazu auf.
2.
Wir Christen werden bei der Bitte um das tägliche Brot aber auch an das Wort Jesu erinnert, das wir eben im Evangelium gehört haben: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot“. Der Evangelist Matthäus fügt hinzu: „sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“. Wir wissen aus Erfahrung, dass Angesprochen-werden und Antwort-geben für das Leben unabdingbar sind. Ohne das Gespräch mit den Mitmenschen entfaltet sich das Leben nicht, es verkümmert vielmehr. Das Kind muss angesprochen werden, damit es die Sprache lernt und sich entwickelt. Der Jugendliche findet seine Identität, seinen Beruf und einen Partner für das gemeinsame Leben sowie eine tragfähige Lebenseinstellung durch viele gute Gespräche.
Auch für das religiöse Leben sind Ansprache und Antwort Voraussetzungen. Zurecht heißt es im ersten Kapitel des Johannesevangeliums: „Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Joh 1,3). Gott will, dass sich sein göttliches Leben in uns entfaltet. Wir sollen „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Deshalb spricht er uns Menschen immer wieder an. Der erste Vers des Hebräerbriefes fasst es so zusammen: „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn“ (Hebr 1,1 f.).
Das ökumenische Jahr der Bibel ist vorbei. Es hat besonders in unserem Erzbistum Bamberg viele Initiativen für Bibellesen, Bibelgespräch, Bibelschreiben und Bibelbetrachtung gefördert. Viele Höhepunkte wie die Nacht der Bibel in Bamberg, die großen ökumenischen Gottesdienste in Nürnberg und Bayreuth sowie der Bibelmarathon in vielen Gemeinden sind im Gedächtnis. Ich bin froh und dankbar, dass sich so viele Pfarreien, Jugendgruppen, Orden, Verbände und Gemeinschaften - oft in ökumenischer Zusammenarbeit – am Jahr der Bibel beteiligt haben.
Das, was das Jahr der Bibel bewirken wollte, darf aber nicht zu Ende sein. Das aufmerksame Hören, Lesen, Betrachten und Besprechen des Wortes Gottes soll fortgesetzt werden. „Unser tägliches Brot gib uns heute“ bedeutet auch: Das tägliche Wort aus deinem Mund gib uns heute. Denn „dein Wort ist Licht und Wahrheit ... Leben und Freude gibt es meinem Herzen“ (Gotteslob 687).
3.
„Unser tägliches Brot gib uns heute“. Damit bitten wir letztendlich um die Gegenwart Jesu Christi in unserer Mitte. Jesus sagt im Johannesevangelium: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben“ (Joh 6,51). Er, der sich für uns aus Liebe hat kreuzigen lassen, den der Vater aber auferweckt und erhöht hat, ist im Sakrament des Brotes unter uns. Er gibt sich uns zur Speise, damit wir leben in Ewigkeit. Wir dürfen ihn empfangen. Öffnen wir ihm, unserem Herrn und Bruder, in jeder Eucharistiefeier bewusst, dankbar und gut vorbereitet die Türen unseres Lebens.
Der Leib Christi will uns verwandeln. Das ist der eigentliche Zweck jeder Eucharistiefeier und jeder Kommunion. Jesus Christus, Gottes Sohn, der für uns Brot geworden ist, will uns zum Brot füreinander machen. Ein Passionslied in unserem Gotteslob drückt das so aus: „Die Menschen müssen füreinander sterben. Das kleinste Korn, es wird zum Brot, und einer nährt den anderen. Den gleichen Weg ist unser Gott gegangen; und so ist er für dich und mich das Leben selbst geworden“ (Gotteslob 183). Jesus Christus, Brot vom Himmel, will die Mitte unseres Lebens und unserer Kirche sein. Mit Jesus Christus werden wir zum Brot füreinander.
4.
Liebe Schwestern und Brüder! „Unser tägliches Brot gib uns heute“.
Beten und wirken wir für die Hungernden weltweit, dass sie das tägliche Brot haben!
Hören wir auf Gottes Wort, damit das göttliche Leben sich in uns entfaltet!
Empfangen wir Christus, das lebenspendende Brot und werden wir mit ihm Brot füreinander!
5.
Der Auftrag der Kirche in unserer Zeit ist groß und bedeutsam. Auch unser Erzbistum Bamberg ist gerufen, sich für das Wohl der Menschen einzusetzen und am Heil der Welt mitzuwirken. Auch wenn ich nicht ausdrücklich darauf eingegangen bin, wissen Sie alle, liebe Mitchristen, dass ich diesen Fastenhirtenbrief in schwierigen Zeiten schreibe. Damit wir in der Pastoral und im karitativen Wirken unsere Aufgaben auch in Zukunft erfüllen können, ist das Mitdenken und Mitwirken von allen nötig. Ich bitte Sie um Solidarität, Einsatz und Gebet für unser Erzbistum. Erneuern wir die Gemeinschaft, die Communio mit Christus und untereinander! Das gute Miteinander ist die wichtigste Voraussetzung dafür, dass alle in unserer Erzdiözese das tägliche Brot haben, und wir es uns gegenseitig und der Welt schenken können. Damit das gelingt, erbitte ich den Segen des dreifaltigen, guten Gottes: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Prof. Dr. Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Liebe Schwestern und Brüder!
Papst Johannes Paul II. hat die Jugendlichen der Welt zum XX. Weltjugendtag 2005 nach Deutschland eingeladen. Das Leitwort dieses Ereignisses lautet: Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten (Mt 2,2). Mit diesem Wort der Weisen aus dem Morgenland stellt der Heilige Vater die Berufung des Menschen, Christus zu suchen, zu finden und anzubeten, in den Mittelpunkt dieser Tage.
Freuen Sie sich mit uns über dieses große Ereignis! 10 Tage lang werden junge Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren aus allen Erdteilen ihre Glaubenserfahrungen austauschen, ihre Liebe zu Jesus Christus vertiefen, Gottesdienst feiern und Versöhnung im Sakrament der Buße finden. Als Christen verschiedener Länder und Kulturen werden sie einander begegnen und so die Gemeinschaft der weltumspannenden Kirche erfahren.
Zuerst werden die Teilnehmer aus aller Welt vom 11. bis 15. August 2005 in den deutschen Diözesen zu Gast sein. Hierbei sollen sie unser Land und die Kirche in Deutschland kennen lernen und sich am Tag des Sozialen Engagements Menschen in Not zuwenden. Die Gestaltung dieser Tage wird in den einzelnen Bistümern unter möglichst großer Beteiligung aller erfolgen.
Danach sind unsere Jugendlichen mit ihren Gästen aus aller Welt vom 16. bis 21. August nach Köln eingeladen. Dort werden sie mit Bischöfen ihrer Sprache zu Katechesen zusammenkommen, zum Dom wallfahren, den Kreuzweg gehen und ein großes Jugendfestival feiern. Den Höhepunkt und Abschluss des Welttreffens bildet am 21. August der festliche Gottesdienst mit dem Heiligen Vater.
Die Vorbereitung dieses Ereignisses soll zu einem geistlichen Aufbruch unserer Kirche werden. Das heutige Fest der Taufe Jesu Christi, die am Beginn seines öffentlichen Wirkens steht, ermutigt uns dazu: Wir müssen die Zeichen der Zeit und unsere Verantwortung erkennen, uns selbst im Glauben zu erneuern und missionarisch Kirche zu sein. Der Weg zum Weltjugendtag ist hierbei eine außerordentliche Chance und Verpflichtung.
Auf diesem Weg wird uns das Kreuz begleiten, das im Vorfeld eines jeden Weltjugendtags zusammen mit einer Ikone der Gottesmutter von Jugendlichen als Zeichen der Hoffnung getragen wird. Am Palmsonntag 2004 wird es von Berlin aus seine Pilgerreise durch alle deutschen Diözesen beginnen. Wir alle sind eingeladen, das Weltjugendtagskreuz durch unsere Diözesen zu begleiten!
Machen Sie den Weltjugendtag zu Ihrem persönlichen Anliegen und helfen Sie, dass er in Ihrer Umgebung und in unserem ganzen Land zu einem großen Thema wird! Berücksichtigen Sie bitte auch bei Ihrer Urlaubsplanung 2005 den Termin des Weltjugendtags, damit die Jugendlichen der Welt keine leeren Häuser und Gemeinden antreffen. Sie sollen in unseren Familien, in unseren Pfarreien und Gemeinschaften, in unseren Verbänden und Einrichtungen eine herzliche Gastfreundschaft erleben. Es wäre schön, wenn möglichst viele Gäste in Privatquartieren wohnen könnten. Schon heute bitten wir Sie um Ihre Mitwirkung und großzügige Unterstützung.
Vor allem aber bitten wir Sie um Ihr Gebet für eine gute Vorbereitung und ein gutes Gelingen des Weltjugendtags, damit er wirklich zu einem großen Fest des Glaubens wird.
Ein herzliches "Vergelt's Gott" sagen wir allen, die schon heute Verantwortung übernommen haben und an der Vorbereitung mitwirken.
Die Jugend der Welt freut sich auf Deutschland. Auch Papst Johannes Paul II. hat mehrfach seine Vorfreude zum Ausdruck gebracht. Geben auch wir der Freude Raum, Gastgeber beim XX. Weltjugendtag 2005 sein zu dürfen. Im Vertrauen auf Gott stellen wir uns dieser Verantwortung und erbitten hierfür seinen Segen.
Würzburg, den 24.11.2003
11.01.2004: Hirtenbrief der deutschen Bischöfe zum Weltjugendtag 2005 (pdf, 11 KB)
Liebe Schwestern und Brüder!
Von vergrabenen Schätzen können wir nicht leben! Dies war auch den Vätern des Zweiten Vatikanischen Konzils bewusst, als sie vor vierzig Jahren die Liturgiekonstitution "Sacrosanctum concilium" verabschiedeten. Mit diesem Dokument, das Papst Paul VI. am 4. Dezember 1963 verkündete, hoben sie den Schatz der heiligen Liturgie neu ans Licht.
Vorausgegangen war ein halbes Jahrhundert, in dem die Kirche geradezu von einer liturgischen Bewegung erfasst worden war. Priester, Ordensleute, Theologen und engagierte Christen entdeckten den teilweise verschütteten Reichtum der Liturgie neu, indem sie miteinander Gottesdienst feierten und ihn tiefer zu verstehen suchten: Ein wichtiger Anstoß für die Liturgiekonstitution und ihr Ziel war, eine bewusste und tätige Teilnahme mit geistlichem Gewinn für die Gläubigen zu ermöglichen. Wichtige Elemente der Erneuerung waren z.B. die weitere Einführung der Volkssprache, die Vereinfachung der Riten, die Einbeziehung vielfältiger Laiendienste in den Gottesdienst, die Betonung von Wortgottesdienst und Stundengebet, die Neuordnung der Sakramentenfeiern und die Erweiterung der Leseordnung. Vielen mag heutzutage das Ausmaß der verändernden Kraft der Liturgiereform nicht mehr bewusst sein. Das damals Neue ist längst selbstverständlich geworden und vielleicht schon wieder in Gefahr, zu blasser Gewohnheit zu werden. Es dürfen jedoch auch jene Gläubigen nicht übersehen werden, denen die früheren Formen Beheimatung bedeuteten und die daher unter den Veränderungen leiden. Das Ziel der Konzilsväter aber war nicht, umzustürzen und niederzureißen, sondern den Schatz der Liturgie neu zum Leuchten zu bringen. Sie wollten allen Gläubigen das Christus-Geheimnis tiefer erschließen und unsere Freude an Gott mehren. Unser Gotteslob und unsere Sendung in die Welt sollten so neue Stärkung erfahren.
Was macht eigentlich die Liturgie zum Schatz? Zum einen bereits ihr Wesen, als Feier den Alltag zu unterbrechen! Ihr Geheimnis erfassen wir nicht durch den Blick auf die Uhr, sondern indem wir die Feier der Liturgie als geschenkte Zeit annehmen. In ihr dürfen wir innehalten und aufatmen vor Gott. Liturgie füllt die Zeit im besonders gestalteten Raum der Kirche mit Hören, Beten und Singen, mit Instrumentalmusik und Stille, mit rituellen Vollzügen, mit sinnlichen Eindrücken etwa von Wasser, Licht und Weihrauch. Damit holt sie den Menschen aus der Geschäftigkeit und den Zwängen der übrigen Zeit heraus. In dieser Hinführung zur Mitte vollzieht die Liturgie einen Dienst am Menschen. Sie dient uns, damit wir Gott und einander dienen.
Im tiefsten aber ist Liturgie ein wahrer Schatz, weil sie Feier unserer Erlösung ist. Sie ist Feier – nicht unserer selbst, sondern der Königsherrschaft Gottes, der will, dass alle Menschen gerettet werden. Dazu hat er seinen Sohn in die Welt gesandt, der das Evangelium Gottes verkündete in Wort und Tat, der Gottes Liebe bis in den Tod am Kreuz hinein zu den Menschen brachte und durch seine Auferstehung Sünde und Tod besiegte. Das feiern wir in jedem Gottesdienst, besonders in der hl. Messe. Dabei sind wir die vom Herrn Eingeladenen. Mit unserem Gottesdienst antworten wir auf den Dienst, den Gott uns in Jesus Christus zuerst erwiesen hat. Von ihm her ist ein Leben möglich, das wir uns nicht selbst geben können, das aber auch kein Mensch uns nehmen kann. Solcher Glaube ist alles andere als selbstverständlich. Wir brauchen Zeiten und gestaltete Räume, die in uns lebendig halten, was Gott in seiner Liebe an uns getan hat. Wir brauchen heilige Zeichen, in denen wir Gott in der Gemeinschaft der Glaubenden bewusst und ausdrücklich in Dank und Freude antworten. Darum ist Liturgie ein kostbarer Schatz, von dem sich zehren lässt, ohne dass er aufgezehrt würde.
Dabei wird unser Leben mit seinen vielfältigen irdischen Nöten, Ängsten aber auch Freuden nicht außen vor gelassen. Wenn das Mysterium von Tod und Auferstehung im Mittelpunkt aller Liturgie steht, dann ist auch unser ganzes Leben in das österliche Geheimnis mit hinein genommen. Um unsretwillen hat Christus gelitten, ist er gestorben und auferstanden. Zugleich bleibt die Liturgie bei diesem Leben nicht stehen, sondern reißt uns den verhangenen Himmel auf, ähnlich wie bei den Jüngern auf dem Berg der Verklärung. Sie bringt die Erde mit dem Himmel in Berührung, so dass wir in Wort, Musik und Stille, in Symbolen und Gesten einen Vorgeschmack auf das Leben bei Gott bekommen. Im Kirchenraum, der in seiner ganzen Symbolik über uns hinaus weist, nehmen wir als Liturgie Feiernde auch an der himmlischen Liturgie teil. "Heilig, heilig, heilig, Herr aller Mächte und Gewalten" rufen wir und stimmen damit ein in den Lobgesang der Engel und Heiligen und rühmen mit ihnen den Erlöser, unseren Herrn Jesus Christus. Auch in diesem Sinne ist Liturgie wahrhaft ein Schatz, der unser Herz zum Brennen bringen und uns bereiten möchte zur Sendung in die Welt.
In der Liturgie feiert die Kirche als sichtbares Volk Gottes ihren gemeinsamen Glauben. Deshalb sind auch Eucharistiegemeinschaft und Kirchengemeinschaft nicht zu trennen. Der Empfang der Sakramente setzt den katholischen Glauben sowie eine innere Bereitung voraus. Auf je eigene Weise können natürlich auch Christen anderer Konfessionen an der Liturgie teilnehmen; auch Nichtgläubige und Suchende sind eingeladen, die wunderbare Welt der katholischen Liturgie kennen zu lernen.
Sehr viel stärker als in den Jahren der Entstehung der Liturgiekonstitution ist Liturgie in unserer Zeit auch Begegnung mit Christen, die der Kirche fern stehen. Gerade die mit den Lebenswenden verbundenen Gottesdienste wie Taufe, Firmung, Trauung und Beerdigung oder auch die Feier der Erstkommunion stellen unter dieser Rücksicht eine neue Herausforderung dar. Nicht selten geschieht es heute auch, dass Nichtchristen nach kirchlichen Feiern fragen. Seelsorger und Gemeinden sind hier auf neue Weise gefordert, der Suche der Menschen entgegenzukommen. Denn immer geht es darum, die Wesenszüge der Liturgie: Einladung, Versammlung um Jesus Christus als das Haupt der Kirche und Glaubenszeugnis miteinander zu verbinden. Natürlich bedeutet dies auch eine Anfrage an unsere Weise, Liturgie zu feiern: Ist sie als einladende Feier gestaltet? Sind wir als Gemeinde einladend?
Angesichts solcher Herausforderungen sehen wir mit Sorge die zurückgehende Zahl der Priester. Sie stehen der Liturgie vor, unvertretbar in der Eucharistie, und verantworten sie gegenüber dem Bischof. Die geringere Zahl der Priester, aber auch andere Entwicklungen in unseren Pfarrgemeinden führen zu Änderungen in den Pfarrstrukturen und auch im Gottesdienstleben. Lieb gewordene Messzeiten sind nicht mehr möglich, liturgische Gewohnheiten müssen auf einmal mit denjenigen einer anderen Pfarrei abgestimmt werden. Manchem fällt die Annahme solcher Veränderungen schwer. Bei allem Verständnis für den Einzelfall rufen wir jedoch in Erinnerung, dass die Liturgie nicht Feier einer einzelnen Pfarrgemeinde ist, sondern Feier der Kirche insgesamt. Katholizität, allumfassende Einheit, kann im Überschreiten der Pfarrgrenze bei der gemeinsamen Feier der Liturgie Zeichenhaftigkeit gewinnen.
Ein besonderer Schatz ist für uns die Eucharistie. In ihr feiern wir das Gedächtnis des Todes und der Auferstehung Jesu. Als Vergegenwärtigung seines Lebensopfers ist sie uns "das Sakrament huldvollen Erbarmens, das Zeichen der Einheit, das Band der Liebe" (SC 47). Sie ist das Zentrum des Sonntags, den die Liturgiekonstitution als "Ur-Feiertag" (SC 106) besonders herausgehoben hat. An ihm versammeln wir uns als feiernde Gemeinde um Christus, unser Haupt, um uns durch das Wort Gottes formen zu lassen. Wir lernen, uns im vergegenwärtigenden Gedächtnis des Kreuzesopfers selber darzubringen (vgl. SC 48).
Dabei gilt für die Eucharistie wie für jede liturgische Feier, dass sie in der vielfältigen Verwobenheit der einzelnen Riten ein heiliges Spiel ist, das – wie jedes Spiel – der Regeln bedarf, die nicht beliebig sind und keine Verzweckung zu ihm wesensfremden Zielen duldet. Die Regeln der Kirche, die für alle verbindlich sind, sind keine Willkür, sondern dienen dazu, alles liturgische Geschehen auf sein Zentrum hin, Jesus Christus, auszurichten und die Einheit der Kirche zu wahren.
Auf diesem Hintergrund steht auch das Bemühen der Liturgiereform, "die Riten mögen den Glanz edler Einfachheit an sich tragen" (SC 34). Alles soll hinlenken auf den einen Herrn, der uns immer wieder neu zu sich lädt, um uns am "Tisch des Wortes" und am Tisch des Brotes die Erfahrung seiner Nähe zu schenken. Alles soll uns darauf ausrichten anzubeten, Dank zu sagen, aber auch zu bitten und die Nöte dieser Welt vorzutragen. So wurden nach Jahrhunderten der Unterbrechung vor vierzig Jahren die Fürbitten wieder eingeführt. Durch eine neue Leseordnung, die die Schatzkammer der Bibel weit öffnet, ist der "Tisch des Wortes" wieder reich für uns gedeckt. Jeweils im Laufe von drei Jahren hören wir die wichtigsten Teile der Heiligen Schrift. Schließlich bringen wir durch Christus und mit ihm uns selbst zum Tisch des Brotes und empfangen unter den Zeichen von Brot und Wein den wirklich und wahrhaftig gegenwärtigen Christus. Er ist unsere Zurüstung für den Alltag, in den wir am Ende jeder Eucharistiefeier mit dem Sendungsruf "Gehet hin in Frieden" entlassen werden. Dieser Wunsch ist eine Brücke in den Alltag, der darauf aufmerksam macht, dass die Messfeier zwar zu Ende ist, der Gottesdienst aber weitergeht und nicht am Kirchenportal endet. Was wir gefeiert haben, muss sich nun im Leben auswirken und Frucht tragen.
Innerhalb des Kirchenjahres erweist sich die Liturgie aufgrund ihrer vielfältigen Formen als eine wahre Schatzkammer. Dies hat die Liturgiekonstitution des Zweiten Vaticanum deutlich gemacht, indem es zur Förderung von Wortgottesdiensten und zur Feier des Stundengebetes auch von Laien aufruft.
Liebe Schwestern und Brüder! An diesen Gottesdienstformen wird besonders deutlich: Die Umsetzung der Liturgiereform erfordert nicht nur die ganze Kraft der Priester, sondern auch Ihre Mithilfe als Gläubige. Dabei können wir dankbar feststellen, dass viele Menschen sich seitdem mit größtem Engagement an der würdigen Feier der Liturgie und ihrer sorgfältigen Vorbereitung beteiligen. Das Leitprinzip der tätigen Teilnahme aller, nach dem jede und jeder in der Liturgie nur und all das tun soll, was ihr bzw. ihm zukommt, hat als großartiger Impuls gewirkt. So haben wir Bischöfe allen Grund, aus Anlass des vierzigsten Jahrestages der Liturgiekonstitution von Herzen allen zu danken, die in Vergangenheit und Gegenwart einen eigenen liturgischen Dienst übernommen haben als Lektorinnen und Lektoren, Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer, Leiterinnen und Leiter von Wort-Gottes-Feiern, Messdienerinnen und Messdiener, als Mitglieder von Kirchenchören oder von Liturgiekreisen, als Küsterinnen und Mesner, als Kantorinnen und Organisten. Ihr Dienst ist Dienst an Gott und an der Gemeinschaft der Kirche. Wir bitten Sie, auf diesem Weg der tätigen Teilnahme weiter zu gehen zusammen mit Ihren Priestern und Diakonen, denen für ihren treuen Dienst am Altar ebenso unser aufrichtiger Dank gilt. Helfen Sie auch in Zukunft mit, den reichen Schatz der Liturgie vielfältig zum Leuchten zu bringen.
Unsere Schatzkammer Liturgie ist ebenso wenig ein Museum wie unsere Kirchen. Nur wenn wir die Liturgie würdig feiern und durch sie den dreifaltigen Gott verherrlichen, erstrahlt uns ihr Glanz. Dankbar blicken wir auf 40 Jahre liturgische Erneuerung und ermutigen Sie, sich ergreifen zu lassen vom Geheimnis des lebendigen Gottes. "Denn wo euer Schatz ist, da ist euer Herz." (Lk 12, 34)
Fulda, den 24. September 2003
22.11.03: Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Liturgie (pdf, 22 KB)